Manche erinnern sich noch an Helmut Palmer, den „Remstalrebellen“, der in den 1980ern für sein provokantes Auftreten bei seinen zahlreichen Kandidaturen für öffentliche Ämter bekannt war. Bei der Bürgermeisterwahl in Großbottwar stand der Kandidat Palmer auf einer Holzkiste vor dem Rathaus und hielt eine seiner Wutreden. Was man Helmut Palmer respektvoll anerkennen muss ist, dass er trotz seines unkonventionellen Auftretens Bürgernähe pflegte, seine Themen dem Zeitgeist oft voraus waren, und er im Nachhinein betrachtet oft recht hatte. Was vielen auch in Erinnerung blieb war der kleine Bub, der oft neben dem Vater stand und innig lauschte. Sein Name war Boris. Heute ist Boris Palmer Oberbürgermeister von Tübingen und macht das, was er von der Pike auf gelernt hat. Wie schon sein Vater, eckt er an, geht unkonventionelle Wege und nimmt auch kein Blatt vor den Mund. Er spricht aber auch an, was viele denken und fühlen. Sein pragmatisches Vorgehen zur Eindämmung der Corona Pandemie brachte ihm zudem noch bundesweite Beachtung. Er hat bewiesen, dass er nicht nur kritisiert, sondern auch Lösungen bieten kann. Er hat ohne Rücksicht auf das eigene Amt auch den Mut gehabt diese umzusetzen. Und wie schon bei seinem Vater stößt das bei den Verantwortlichen in Stuttgart auf wenig Gegenliebe. Boris Palmer besitzt mehr mediale Aufmerksamkeit als sein Parteifreund Winfried Kretschmann. Und während Kretschmann sich in Berlin um eine Abwrackprämie für Verbrenner bemüht, macht sich Boris Palmer Gedanken, wie er SUVs aus seiner Stadt bekommt. Wenn Sozialminister Lucha Krankenhäuser auffordert 40% der Intensivbetten für Corona Patienten zu reservieren, und die nicht wissen wie das ohne die notwendigen Pflegekräfte gehen soll, kommt von Boris Palmer der Aufruf an Ungeimpfte freiwillig auf ein Intensivbett zu verzichten. Deutlicher kann der Unterschied nicht sein. Boris Palmer eckt an, und wie schon sein Vater spricht er das aus, was er denkt. Bei der GRÜNEN Landesführung wissen wir das nicht so genau. Während in Bayern der Katastrophenfall ausgerufen wurde, und in anderen Bundesländern die Impfzentren wiedereröffnet werden, scheint die BaWü Führung abgetaucht zu sein.
Dass die GRÜNEN jetzt ein Parteiausschlussverfahren gegen Boris Palmer anstreben, schadet ihnen. Boris Palmer verkörpert den Pragmatismus, den man bei den GRÜNEN im Land vermisst. Er verkörpert eher den GRÜNEN Gründungsgedanken des Nonkonformismus, der unkonventionellen Wege und der klaren Worte. Lang ist es her, dass GRÜNE in Turnschuhen vereidigt wurden. Heute wohnt der Ministerpräsident in einer schicken Villa mit Ökogarten und fährt einen großen Daimler. Mit dem Rausschmiss von Boris Palmer würde noch mehr von dem grünen Lack der Partei abbröckeln. Denn in Boris Palmer lebt auch ein Stück von Helmut Palmer, einer der schon GRÜN war, bevor es die GRÜNEN überhaupt gab.