Mit Hartz IV in die Ferien

Veröffentlicht am 31.07.2022 in Ortsverein

Eigentlich ist der Fall unglaublich. Seit Jahren entlässt ein großer Automobilzulieferer aus Stuttgart, die Firma K., rechtzeitig zu den Betriebsferien tausende Arbeitnehmer, um diese nach den Ferien wieder einzustellen. Die Firma begründet diesen Schritt mit einem Vorteil von ca. 15 Millionen Euro in ihrer Abschlussbilanz. Dabei leidet das Unternehmen seit Jahren unter Fachkräftemangel mit daraus resultierenden Produktionsausfällen und Qualitätsproblemen. Die meisten betroffenen Arbeitnehmer müssen dann mit Hartz IV die Zeit der Arbeitslosigkeit überbrücken, da die Wenigsten die notwendigen 30 Monate sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung erreichen, um Arbeitslosengeld beanspruchen zu können. Zudem schwingt noch die Angst mit, vielleicht nicht mehr eingestellt zu werden. Diese Form der Bilanzpolitur erinnert eher an frühkapitalistische Praktiken und sollte eigentlich in einer modernen Gesellschaft nicht mehr toleriert werden.

Nun ja, wir müssen zugeben, dass wir an der Darstellung noch etwas geschummelt haben. In Wirklichkeit handelt es sich nicht um den Automobilhersteller K., sondern um das Land Baden-Württemberg, welches auch dieses Jahr wieder zu den Schulferien etwa 4.000 Lehrer entlassen wird. Dabei scheint es der Grün-Schwarzen Landesregierung egal zu sein, ob unser Bildungssystem schon heute unter Unterrichtsausfällen und einem schlechten Bildungsniveau leidet. Hauptsache der Bildungsetat kann etwas entlastet werden. So nimmt die Landesregierung auch in Kauf, dass die arbeitslosen Lehrer für die Dauer der Überbrückung Unterstützung aus dem Sozialsystem beanspruchen. In Summe gewinnt keiner durch diese Praxis, Kosten werden nur umverteilt.

Die SPD hat jetzt im Landtag versucht, durch eine Gesetzesvorlage diese unsägliche Praxis zu stoppen. Damit wollte sie erreichen, dass alle angestellten Lehrer über die Dauer der Schulferien in einem Beschäftigungsverhältnis bleiben. Doch der Gesetzesvorschlag (Drucksache 17/2931) wurde am 21.7.2022 im Landtag mit den Stimmen von CDU und GRÜNEN abgelehnt. Der Abgeordnete der GRÜNEN für unseren Wahlkreis 19 (Eppingen), Erwin Köhler, hat gegen den Antrag gestimmt, und damit in Kauf genommen, dass jetzt etwa 4.000 Lehrer für die Dauer der Ferien in die Arbeitslosigkeit entlassen werden. Der Abgeordnete der CDU, Michael Preusch, war bei der Abstimmung abwesend und Georg Heitlinger (FDP) hat dafür gestimmt.

Die Abstimmung am 21.7. zeigt mal wieder die Diskrepanz zwischen den Versprechen aus den Wahlkampfhochglanzprospekten und der umgesetzten Praxis. Gute Bildungspolitik braucht auch gutes Personal. Wer so mit seinen Angestellten umgeht, braucht sich nicht wundern, wenn die Attraktivität des Lehrerberufes leidet und das Interesse junger Menschen schwindet. Die Auswirkungen auf das Bildungsniveau unserer Kinder sind fatal, und Bildung ist unser Kapital, welches uns den Wohlstand im Land sichert. Wer jetzt 15 Mio Euro einsparen möchte, und damit dem Bildungssystem schadet, der handelt unverantwortlich.

 

Kreisverband Heilbronn- Land

SPD Heilbronn-Land

Josip Juratovic (MdB)

https://www.josip-juratovic.de/