26.03.2025 in Gemeinderatsfraktion

Haushaltsrede 2025

 

Haushaltsrede 2025 der Fraktion SPD & Beilsteiner Wählergemeinschaft

Beilstein, den 25.3.2025

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Schoenfeld,

sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung,

sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger der Stadt Beilstein,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

Es gab bestimmt schon Zeiten, in denen es Fraktionen einfacher gefallen ist Haushaltsreden zu schreiben. Das Jahr 2025 und die darauf folgenden Jahre stehen eher im Zeichen einer finanziellen Herausforderung der Kommune. Immer mehr Pflichtaufgaben, überbordende Bürokratie, Fachkräftemangel, Sanierungsstau, nationale und internationale Krisen machen es der Stadt Beilstein nicht einfach. Zudem spürt man auch eine Verunsicherung bei vielen Bürgern der Stadt, bei manchen leider auch mit einem schwindenden Vertrauen in unsere Demokratie. Die Bereitschaft Verantwortung für unsere Gemeinschaft zu übernehmen sinkt. Politik findet für manche Mitbürger nur noch in 20 Sekunden TikTok Videoformaten statt. Wir wissen aber: Egal was man verspricht, am Ende muss alles bezahlt werden. Und nur genau so kann seriöse Politik auch gelingen.

Aber nun zum Haushalt 2025:

Derzeit hört man von immer mehr Gemeinden, dass sie Schwierigkeiten beim Erstellen eines genehmigungsfähigen Haushalts haben. Unsere Nachbargemeinde Ilsfeld kämpft mit einem prekären Haushalt und muss derzeit jeden Euro umdrehen. Selbst Ausgaben, die bisher ohne Zweifel getätigt wurden, müssen nun auf den Prüfstand. Ilsfeld spürt nun die Konsequenzen fehlgeleiteter Entscheidungen der vergangene Jahre. Auch die finanzielle Lage in Marbach ist katastrophal. Mit einer Lücke von 5,5 Mio € im Ergebnishaushalt ist die Stadt faktisch pleite. Drastische Einsparmaßnahmen sind zu erwarten, welche alle Bürger spüren werden. Und so geht es derzeit vielen Gemeinden in Baden-Württemberg. Das sind mahnende Beispiele die verdeutlichen, dass die Stadt Beilstein und ihr Gemeinderat in diesem und den nächsten Jahren ein große Verantwortung trägt. Umso wichtiger ist es die Frage zu klären: Quo Vadis, Beilstein? Wo willst Du hin?

Für die Fraktion der SPD & Beilsteiner Wählergemeinschaft fehlt für den diesjährigen Haushaltsentwurf ein übergeordneter, langfristiger Plan. Es fehlt eine Strategie, die aufzeigt, wie Beilstein durch diese anstehende finanzielle Krise durchkommen wird. Der Plan muss am Ende dieses Tunnels ein Licht aufzeigen. Ansonsten treffen wir, als Gemeinderat, Entscheidungen, welche die Stadt in eine prekäre Lage bringen könnte, aus der sie sie sich mit eigener Kraft nicht mehr befreien kann. Daher dürfen wir hinsichtlich des Haushalts nicht auf „Sicht fahren“ und hoffen, dass wir da irgendwie durchkommen. Der Sanierungsstau in der Stadt ist gewaltig, der Unterhalt der zahlreichen Einrichtungen hoch, die Personalkosten werden immer dominanter und die Einnahmen sind geprägt von den ‚fetten‘ Jahren, könnten sich mit der Konjunktur aber eintrüben. Daher halten wir eine Strategie der Stadt, die mindestens 5 Jahre abdeckt, für unabdingbar, um jetzt die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die erkennen wir aber nicht.

Die gute Nachricht ist, dass in den letzten Jahren der Verschuldungsgrad der Stadt moderat gehalten wurde. Die Stadt besitzt liquide Mittel und ist handlungsfähig. Wir haben daher die finanziellen Ressourcen, welche gut investiert, die Stadt durch die anstehenden Krisen bringen kann. Daher ist es wichtig, jetzt klug zu haushalten und eine Überschuldung abzuwenden. Die Prognose des Haushaltsplans zeigt allerdings bereits für 2027 ein Abschmelzen der liquiden Mittel auf das notwendige Minimum von 450.000 Euro und ein Anwachsen der Verschuldung in den darauffolgenden Jahren in vermutlich zweistelliger Millionenhöhe. Das sind Schulden, die nach derzeitigem Stand nicht mehr aus einem Zahlungsmittelüberschuss im Finanzhaushalt bedient werden könnten. Der Stadt Beilstein droht dann die Überschuldung. Das dürfen wir so nicht zulassen!

Zu den Ausgaben:

Einer der maßgeblichen Ausgabenposten im Haushalt sind die Personalkosten. Die Ausgabensteigerungen in den letzten Jahren waren geprägt durch die stetig zunehmenden Pflichtaufgaben der Stadt, Tariferhöhungen, Fachkräftemangel, Ausweitung des Betreuungsangebots, aber auch durch die Nachbesetzung vieler offener Stellen. Nun nehmen die Personalkosten mit 8,5 Mio Euro den größten Ausgabeposten ein. Das entspricht etwa 40% der Aufwendungen im Ergebnishaushalt. Wir möchten an dieser Stelle nicht falsch verstanden werden und können gar nicht oft genug die hervorragende Arbeit aller Angestellten der Stadt würdigen, aber die Stadt wird sich auf Dauer einen überproportionalen Anstieg der Personalausgaben nicht leisten können. Wir befürchten auch, dass in der Finanzplanung ab 2026 diese Steigerungen noch gar nicht enthalten sind. Wir empfehlen für die kommenden Haushaltsjahre einen Deckel einzuführen, welcher das Wachstum der Personalausgaben bremst.

Des weiteren erkennen wir im Entwurf von 2025 eine Kostensteigerung für die Unterhaltung von Grundstücken und baulichen Anlagen, welche sich durch einen Sanierungsstau auf 1,2 Mio akkumulieren. Dazu kommen noch die Investitionstätigkeiten, welche bereits beschlossene Maßnahmen oder durch die notwendige Sanierung des Rathauses entstehen. In den nächsten Jahren ist hier sogar noch von einer weitaus größeren Steigerung auszugehen, insbesondere für die eigentliche Sanierung des Rathauses. Die Investitionsausgaben werden nicht durch einen Zahlungsmittelüberschuss im Finanzhaushalt gedeckt und tragen somit massiv zum Abschmelzen der Liquidität und neuen Schulden bei. Die Stadt Beilstein muss dringend eine Konsolidierung der Ausgabekosten anstrengen, möglicherweise auch über eine Reduktion der städtischen Einrichtungen. Entsprechende Hinweise sind bereits in zahlreichen Haushaltssatzungen der letzten Jahre als Schlussbemerkung enthalten, so auch wieder 2025.

Zu den Einnahmen:

Die Erträge der letzten Jahre konnten sich nicht im selben Maße steigern, wie die Ausgaben. Auch die Prognosen für die nächsten Jahre zeigen keine grundlegenden Änderungen. Optimistisch sehen wir der neuen Legislatur des Bundestags entgegen und den zusätzlichen Finanzmitteln, welche durch das 500 Mrd Euro Sondervermögen entstanden sind. Davon wird ein Teil hoffentlich zur finanziellen Entlastung in Beilstein beitragen. Um an die Fördermillionen zu gelangen, ist wiederum ein gewisser bürokratischer Aufwand nötig, welcher auf die Beilsteiner Verwaltung zukommt.

Wie es unserer Meinung weitergehen sollte:

Wie einleitend festgestellt, haben wir Zweifel, dass der Beilsteiner Haushalt auf Dauer tragfähig ist. Ausgaben müssen daher auf den Prüfstand. Wenn wir über die Priorisierung von Ausgaben sprechen, dann eher über die Frage wo eingespart und nicht wo ausgegeben wird. Für die Fraktion SPD und Beilsteiner Wählergemeinschaft ist es wichtig, dass Beilstein nicht grundlegend an Ausgaben spart, die sich wesentlich auf die Qualität der Bildung unserer Kinder auswirken. Beilstein soll auch weiterhin für gute Kinderbetreuung und seine Schulen stehen. Das ist auch einer der Magneten, welche insbesondere Familien nach Beilstein lockt. Als attraktive Wohnstadt sind wir, angesichts des demographischen Wandels, auf diese Verjüngung angewiesen.

Auch die Jugend-Vereinsarbeit und das ehrenamtliche Engagement dürfen wir nicht vernachlässigen. Beilstein besitzt ein sehr reiches Vereinsleben, und das soll auch weiterhin unterstützt werden.

Ebenso wollen wir nicht bei der Sicherheit unserer Bürger sparen. Wir brauchen weiterhin eine gut ausgestattete Feuerwehr, Maßnahmen für den Katastrophen-und Gesundheitsschutz und Ordnungskräfte.

Sparpotentiale sehen wir bei:

  • Einsparungen beim gewerblichen Sicherheitsdienst (z.B. bei Veranstaltungen in der Stadthalle)

  • Tourismusverband

  • Bürgerbus (besser Sammeltaxi in Betracht ziehen)

  • Pumptrack

  • Fahrradservicestation

  • WLAN Access Point

Auf den Prüfstand sollten:

  • Personalausgaben: möglicherweise eine Deckelung der zukünftigen Ausgaben einführen

  • Personalkosten für Sicherheit und Ordnung

  • Personalkosten in der Forstwirtschaft (58% Erhöhung von 2024 - auf 2025)

  • Auslagerung von Aufgaben an den GVV und somit synergetische Kostenreduktion bei Personalausgaben

  • Aufwendungen für Weinbergfest,  z.B. ab 2026 kein Feuerwerk mehr aus Kosten- und Umweltgründen

  • Büroausstattung und allgem. Bürobedarf

  • Mineralhallenbad. Zweckverband prüfen.

  • Nutzungskonzept für die Stadthalle erstellen. Zweckverband oder Auslagerung prüfen.

  • Reduktion der Energiekosten

  • Sanierung / Neubau Rathaus (für 2025 sind €1.000.000 eingeplant, Gesamtsumme ist unbekannt)

  • Software Gebäudemanagement , Personalsoftware AIDA und Anbindung EDV Außenstellen

  • Leasingkosten – unklar was diese beinhalten

  • Aus- und Fortbildungskosten (verdoppeln sich innerhalb zweier Jahre)

  • Weitere Maßnahmen zur Digitalisierung, um Verwaltungsabläufe effizienter gestalten zu können. Dies soll durch Internetportale den Bürgern den einen oder anderen Besuch bei Verwaltungsgängen vermeiden helfen. Wir schlagen hierzu einen Ausschuss vor, der gemeinsam mit der Verwaltung eine Digitalisierungsstrategie für die Stadt Beilstein erarbeitet.

Gerne ist die Fraktion SPD und Beilsteiner Wählergemeinschaft hierzu zur Mitarbeit an dem für den 1. April geplanten Haushaltsausschuss bereit, um weitere Details und Optionen zu erörtern.

Für die Einnahmenseite sehen wir die folgenden Potentiale:

  • Mittel- und langfristig durch ein Stadtentwicklungskonzept, mit dem Fokus auf den Bau und die Erweiterung altersgerechter Wohnungen im Umfeld der Kernstadt, insbesondere um Beilsteiner Mitbürger einen Wohnraum anzubieten, welche Bestandsimmobilien, in der Regel Einfamilienhäuser, aufgeben wollen oder müssen. Diese können dann nach Modernisierung insbesondere von Familien erworben werden. Dies ermöglicht eine höhere Verdichtung von Wohnraum ohne notwendigerweise mit einem Flächenfraß. Die Stadt kann durch den Zuzug weiterer Einwohner die Einnahmen verbessern.

  • Erhöhung der Gebühren und Abgaben

  • Zweitwohnsitzsteuern

  • Ausgleichszahlungen der anderen Gemeinden für HCG-Schüler

  • Würde Beilstein den Wald weniger bewirtschaften und ökologisch aufwerten, könnte Beilstein durch Ökopunkte Einnahmen generieren (Wald aufwerten statt verkaufen & Eigentümer bleiben)

  • Förderverein „Beilstein hilft mit“ gründen, um die Aufgaben der Stadt durch Bürgerbeteiligung zu entlasten (z.B. durch Patenschaft bei der Grünpflege, Mitarbeit in sozialen Bereichen, etc). Projektbezogene Spendenmöglichkeiten schaffen.

Die Fraktion SPD und Beilsteiner Wählergemeinschaft spricht sich dafür aus, in Abstimmung mit den anderen Fraktionen und der Verwaltung ein Konzept zur Kostendämpfung und einen Plan für die Entwicklung der Stadt zu erstellen. Höhere Investitionen sollten nur dann getätigt werden, wenn die langfristige Finanzierbarkeit sichergestellt ist. Seit vielen Jahren werden wir in der Schlussbemerkung von unseren Stadtkämmerern darauf hingewiesen, „dass die Abschreibungen des Anlagevermögens der Gemeinde erwirtschaftet werden müssen“. Wir sollten beginnen, das auch ernst zu nehmen!

Für die Fraktion der SPD und Beilsteiner Wählergemeinschaft:

Silke Kiderlen Polek

Hartmut Schmidt


 

 

08.03.2015 in Gemeinderatsfraktion

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